Familienalltag mit ADHS
Will man Schweres bewältigen, muss man es leicht angehen. ( Bertold Brecht)
Machen wir uns nichts vor: auch wenn Kreativität, Originalität, Einfallsreichtum und Überraschendes häufiger sind als in durchschnittlichen Familien, der Alltag mit ADHS ist anstrengend. Etwa 20 Mal anstrengender als anderswo. Nicht immer, aber jederzeit möglich. Es kommt zu vielen Grenzerfahrungen („Wie um Himmels willen soll ich denn jetzt reagieren?“) und besondere Sorgfalt beim Pflegen und Erhalten unserer Kräfte tut not.
Daher wollen wir uns in diesem Workshop darauf konzentrieren, wie wir uns aufbauen, trösten, die Zuversicht nähren und uns erholen. Dabei brauchen die Familienmitglieder untereinander etwas anderes als das Elternpaar oder die Mutter/der Vater für sich allein.
Als ernsthaft bemühte Menschen vergessen wir oft, wie wichtig das sorglose Leben und die Auszeiten für unbeschwertes genießen sind. Mit einem Wohlfühlwochenplan gelingt es besser, das Gleichgewicht zwischen Pflicht und Genuss zu finden und dem Ziel des genussvollen Arbeitens näher zu kommen.
Beginnend mit einer Schutzübung werden wir im gemeinsamen Erfahrungsaustausch zunächst das bereits als hilfreich Erkannte sammeln und zu verschiedenen Aspekten ordnen:
Hilfreiche Sätze: zum Beispiel: Es geht vorbei. Wir schaffen das schon. Morgen sehe ich klarer. Lesen. Es einmal von einer anderen Seite betrachten.
Sinnliche Helfer: Igelball, Vollbad, Kuscheltuch. Gehalten werden. Fussmassage.
Schutzzonen: Rückzug mit Einverständnis an ungestörten Ort, Auszeit.
Kreativität/Schönheit: Frei nach dem Motto: „Beauty safe the world“ etwas Schönes anziehen, Musik hören, zeichnen, schnitzen.
Bewegung/Sport: Einmal um den Block, ein Kopfstand, ein Spaziergang.
Spiel: Sich Zeit nehmen und schauen, was passiert. Jonglieren
Die hilfreichen Mitmenschen: Wer baut uns auf, bei wem können wir wir selbst sein, wer tröstet mich, mit wem erhole ich mich?
Das Thema Krisenbewältigung wird mit dem „Notfallkoffer“ ( ein Gefäss mit den für mich am besten geeigneten Utensilien zum Erholen) und dem „Sorgentopf“ (dort hinein werden alle aktuell nicht lösbaren Sorgen gelegt und einem Wesen zum „gsorget la“ anvertraut) schon weniger bedrohlich. Eine Rezeptsammlung zum Thema Ermutigung und Ideen zum Glücklichsein und Genusstraining sollen ebenso Platz bekommen wie Möglichkeiten, die manchmal arg strapazierte Bindung zischen Kind und Elternteil zu pflegen und wo nötig zu erneuern.
Mit der gemeinsamen Suche mögen unsere Fähigkeiten zu Neugier, Akzeptanz und Versöhnlichkeit angeregt werden und wir können gestärkt in unseren Alltag zurückkehren.
Dr. med. Franziska Steiner
Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie
Meiringen, Schweiz